Auswirkungen auf Bauprojekte durch die Pandemie (Corona)

Die aktuelle Corona-Pandemie wirkt sich selbstverständlich auch auf laufende Bauprojekte aus. Es bestehen nicht nur Rechtsunsicherheiten, vielmehr auch praktische Fragestellungen, wie mit den Auswirkungen umzugehen ist.

Wie so oft im Recht, wird eine schematische Darstellung und Beantwortung der Fragestellungen nicht dem jeweiligen Einzelfall gerecht. Von daher ist es unerlässlich, dass in jedem konkreten Einzelfall eine differenzierte rechtliche Bewertung und Beratung erfolgt.
Nur hierdurch können die Risiken des jeweiligen Baubeteiligten minimiert und dessen Chancen maximal erhöht werden.

Für eine Beratung stehen wir, die Rechtsanwälte der Kanzlei Bach, Dr. Krebs, Zahn, Valdfogl in Aschaffenburg bereit. Für baurechtliche Fragen steht insbesondere auch Herr Rechtsanwalt und Fachanwalt für Bau- und Architektenrecht Marc Valdfogl zur Verfügung.

Störungen im Bauablauf im Zusammenhang mit der Corona-Pandemie und deren Auswirkungen?

Die Corona-Pandemie ist geeignet in vielfacher Weise Einfluss auf den Bauablauf zu nehmen bzw. hier Störungen zu verursachen. Denkbar sind beispielsweise Lieferengpässe, welche dazu führen, dass der Unternehmer/ Auftragnehmer seine Arbeiten nicht mehr ordnungsgemäß ausführen kann, Personalknappheit, wegen behörderlicherseits angeordneten Quarantänen, Krankheitsfällen, der Ausfall von Subunternehmern (beispielsweise weil ausländische Subunternehmer nicht mehr einreisen dürfen) etc.

Sollten diese Störungen im Bauablauf ausschließlich auf die Corona-Pandemie zurückzuführen und mit vertretbarem Aufwand unvermeidbar sein, ist sehr wahrscheinlich, dass die Gerichte künftig hier ein Fall der höheren Gewalt annehmen werden, mit den entsprechenden Folgen. Auf die Folgen und Auswirkungen wird nachfolgend eingegangen.

 

Bauzeitverzögerungen und Verwirkung von Vertragsstrafen?

Die Verwirkung einer Vertragsstrafe setzt grundsätzlich ein Vertreten voraus. Dies bedeutet also im Umkehrschluss, dass eine Vertragsstrafe dann nicht verwirkt wird, wenn beispielsweise höhere Gewalt gegeben ist.

Aufgrund der weitreichenden Folgen könnte man sicherlich dazu neigen, die aktuelle Corona-Pandemie als höhere Gewalt einzustufen. Es besteht auch eine gewisse Wahrscheinlichkeit dafür, dass die Gerichte dies so sehen werden. Allerdings ist die Einstufung der Corona-Pandemie als höhere Gewalt kein Freibrief dafür, vertraglich eingegangene Verpflichtungen nicht zu erfüllen.
Es ist in jedem Fall zu prüfen, ob die höhere Gewalt tatsächlich Ursache für die Bauzeitenverzögerungen ist oder ob nicht auch ohne die Corona-Pandemie bereits Störungen im Bauablauf aufgetreten sind, welche Auswirkungen auf die Bauzeiten und somit auf eine Bauzeitenüberschreitung haben.

Unabhängig davon muss aber auch ein Fall der Unabwendbarkeit vorliegen, also dass das Leistungshindernis mit zumutbaren Maßnahmen nicht beseitigt werden kann. Auch hier ist in jedem Einzelfall zu fragen, was der Unternehmer/ Auftragnehmer getan hat bzw. in zumutbarer Art und Weise hätte unternehmen müssen um einem etwaigen Bauzeitenverzug entgegen zu wirken.

Haftung des Auftragnehmers für Behinderung aufgrund von Lieferengpässen, bedingt durch Corona?

Nach der bisherigen Rechtsprechung liegt das Beschaffungsrisiko grundsätzlich beim Unternehmer/ Auftragnehmer (vgl. u.a. BGH, Urteil vom 10.09.2009 – VII ZR 82/08).

Von daher ist es einzig und alleine die Angelegenheit des Unternehmers / Auftragnehmers, von welchem Lieferanten er sein Material bezieht. Sollte es zu Lieferschwierigkeiten kommen, muss sich dieser eben um Ersatz bemühen und – zumindest nach der bisherigen Rechtsprechung – auch Mehrkosten bis zu einem gewissen Maß in Kauf nehmen. Hier gilt es wiederum im Einzelfall zu prüfen, ob die Lieferschwierigkeiten tatsächlich auf die Pandemie zurückzuführen sind und auf welche Art und Weise eine Ersatzlieferung hätte erfolgen können bzw. inwieweit damit einhergehende Mehrkosten noch zumutbar sind.

 

Corona-Pandemie – ein Fall der „höheren Gewalt“ im Sinne des § 6 Abs. 2 Ziffer 1 c VOB/B?

Auch wenn Rechtsprechungen zur Corona-Pandemie aufgrund der Aktualität noch nicht gegeben ist, dürfte nach der Einschätzung des Rechtsanwaltes und Fachanwaltes für Bau- und Architektenrecht Marc Valdfogl, die Corona-Pandemie ein Fall der höheren Gewalt im Sinne des § 6 Abs. 2 Ziffer 1 c VOB/B darstellen, sodass die entsprechenden Regelungen der VOB/B Anwendung finden.
Es ist hier zu beachten, dass – wie auch sonst – eine formgerechte Behinderungsanzeige gestellt wird. Auch hier ist konkret, bezogen auf die Baustelle bzw. den Bauablauf zu formulieren, inwieweit eine Behinderung gegeben ist. Die hindernden Umstände sind darzulegen. Ferner sind Angaben zu tätigen hinsichtlich der Frage ob und wann die nach dem Bauablaufplan vorgesehenen Arbeiten nicht oder nicht wie vorgesehen ausgeführt werden können.

Ein pauschaler Hinweis auf die Corona-Pandemie reicht definitiv nicht.

Da eine wirksame und ausreichende Behinderungsanzeige zwingende Voraussetzung ist, dass die Ansprüche und Rechte gewahrt werden, sollte auch hier anwaltlicher Rat eingeholt werden. Gerne helfen die Rechtsanwälte unserer Kanzlei dabei, eine wirksame Behinderungsanzeige zu stellen.

 

„Sonderkündigungsrecht“ des Bauvertrages aufgrund der Corona-Pandemie?

Grundsätzlich hat der Auftraggeber/ Bauherr nach wie vor das Recht zur „freien Kündigung“ nach dem Gesetz (vgl. § 648 BGB). Hieran ändert die Pandemie nichts.

Ein außerordentliches Kündigungsrecht kann sich auch nach § 6 Abs. 7 VOB/B ergeben, wenn eine Unterbrechung länger als 3 Monate dauert. Ob auch ein gesetzliches Recht zur Kündigung aus wichtigem Grund oder ein Rücktrittsrecht wegen Störung der Geschäftsgrundlage (§ 313 BGB) besteht, ist jedoch höchst fraglich. Solche Rechte kämen nur in absoluten Ausnahmekonstellationen in Betracht.
Hier sollte aber keinesfalls vorschnell eine Kündigung bzw. ein Rücktritt ausgesprochen werden, da dies weitreichende Folgen nach sich zieht.

 

Mehrvergütungsanspruch/ Mehraufwendungsanspruch aufgrund von coronabedingten Bauzeitverzögerungen oder Bauzeitverlängerungen?

Sollte es zu Bauzeitverzögerungen kommen, welche ausschließlich auf die Corona-Pandemie zurückzuführen sind, wird es schwierig sein, Mehrvergütungsansprüche begründen zu können. Ansprüche auf Zahlung von Stillstands- und Vorhaltekosten des Auftragnehmers nach § 642 BGB setzten zumindest eine Obliegenheitsverletzung des Auftraggebers voraus, was wohl im Falle der Corona-Pandemie nicht gegeben sein dürfte.

Mehrvergütungsansprüche nach § 2 Abs. 5 VOB/B kommen nur dann in Betracht, wenn aufgrund einer eigenmächtigen Anordnung des Bauherren eine Baueinstellung erfolgte. Im Falle behördlicher Vorgaben, wäre dies aber nicht der Fall.

Als Auffangtatbestand könnte sich der Unternehmer/ Auftragnehmer möglicherweise auch auf eine Störung der Geschäftsgrundlage gem. § 313 BGB berufen. Dies wird jedoch in der Rechtsprechung sehr restriktiv gesehen. Von daher dürfte dies ein absoluter Ausnahmefall bleiben.

 

Bauabnahmen trotz „Ausgangsbeschränkung“?

Sicherlich ist es nicht in Sinne des Infektionsschutzes, wenn Abnahmetermine, noch dazu mit vielen Beteiligen (wie dies beispielsweise oft der Fall ist bei der Abnahme von Gemeinschaftseigentum ist), vorgenommen werden. Unabhängig davon ist aber in jedem Einzelfall zu fragen, ob eine entsprechende Abnahme nicht einen Verstoß gegen die „Ausgangsbeschränkungen“ darstellen kann.

Hier sind kreativ Lösungen gefragt, welche jedoch die erforderliche Rechtssicherheit bieten müssen. Grundsätzlich ist auszuführen, dass eine Abnahme nicht zwingend gemeinsam durchgeführt werden muss. Denn die Abnahmeerklärung muss grundsätzlich nur vom Besteller/ Auftraggeber erfolgen. Da es sich also um eine einseitige Erklärung des Bestellers/ Auftraggebers handelt, ist eine gemeinsame Abnahmebegehung mit mehreren Personen nicht zwingend erforderlich. Von daher wäre es rechtlich gesehen vertretbar, wenn die Abnahme beispielsweise zeitlich getrennt voneinander durchgeführt werden würde.

Lösungen können auch sogenannte Vertreter- und Vollmachtsmodelle bieten.

 

Hilfe bei Fragen zum Baurecht

Vorstehende Aufstellung ist selbstverständlich nicht abschließend, zeigt aber, wie wichtig gerade jetzt eine kompetente baurechtliche Beratung ist.
Unsere Rechtsanwälte stehen Ihnen auch in Zeiten der Pandemie und zu deren Folgen beratend zu Seite!

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