Möbelspediteure aufgepasst! Prüfen Sie Ihre AGB

Urteil des LG Stuttgart: In einem Verfahren klagte die Verbraucherzentrale Baden-Württemberg gegen einen Möbelspediteur. Laut Urteil sind einige Klauseln in den AGB unwirksam

Das LG Stuttgart (11. Zivilkammer) hat mit Urteil vom 22.10.2020 (11 O 94/19) in einem schriftlich durchgeführten Verfahren der Verbraucherzentrale Baden-Württemberg (VZ Ba-Wü) gegen einen Möbelspediteur sieben der von dem Möbelspediteur verwendeten Allgemeinen Geschäftsbedingungen für Umzüge für unwirksam erklärt. Diese AGB entsprachen im Wesentlichen den vom Bundesverband für Möbelspedition und Logistik (AMÖ) e.V. zur Verfügung gestellten Bedingungen.

Falls Sie diesen Klauseln in gleicher oder ähnlicher Form nutzen empfehlen wir Ihnen, die Bedingungen juristisch prüfen zu lassen.

Die Rechtsprechung hat unwirksame AGB-Klauseln nicht nur im Verbraucherverkehr (B2C) als eine wettbewerbswidrige Handlung (§ 4 Nr. 11 UWG, jetzt § 3a UWG) anerkannt. Mittlerweile hat sich die Rechtsprechung dahingehend weiterentwickelt, dass nunmehr auch im unternehmerischen Verkehr unwirksame AGB-Klauseln eine wettbewerbswidrige Handlung nach § 3a UWG darstellen können. Als Möbelspediteur sollten Sie daher nach dem Urteil des LG Stuttgart Ihre AGB prüfen und gegebenenfalls überarbeiten lassen.

Im Folgenden eine Zusammenfassung der für unwirksam erklärten Klauseln:

Klausel Nr. 1
„Soweit der Absender gegenüber einem Dritten einen Anspruch auf Umzugskostenvergütung hat, weist er diesen an, die vereinbarte und fällige Umzugskostenvergütung abzüglich geleisteter Anzahlungen oder Teilzahlungen auf entsprechende Anforderung direkt an den Möbelspediteur zu zahlen.“

LG Stuttgart, Urteil vom 22. Oktober 2020 – 11 O 94/19:
„Die Klausel … ist jedenfalls gem. § 307 Abs. 1 BGB unwirksam,

a) Gemäß § 307 Abs. 1 Satz 2 BGB kann sich eine zur Unwirksamkeit der Klausel führende unangemessene Benachteiligung des Vertragspartners auch daraus ergeben, dass die Bestimmung nicht klar und verständlich ist. Nach dem Transparenzgebot muss die Klauselfassung der Gefahr vorbeugen, dass der Kunde von der Durchsetzung bestehender Rechte abgehalten wird. Eine Klausel, die die Rechtslage unzutreffend oder missverständlich darstellt und auf diese Weise dem Verwender ermöglicht, begründete Ansprüche unter Hinweis auf die in der Klausel getroffene Regelung abzuwehren, benachteiligt den Vertragspartner entgegen den Geboten von Treu und Glauben unangemessen (BGH, Urteil vom 05.10.2005 – VIII ZR 382/04, Rn. 23, juris).

b) So liegt der Fall hier. Die Klausel vermittelt dem Vertragspartner der Beklagten die Fehlvorstellung, dass er bzw. die Dienststelle oder der Arbeitgeber außer etwaigen, explizit genannten "geleisteten Anzahlungen oder Teilzahlungen" keinerlei Abzüge – beispielsweise aufgrund eines bestehenden Zurückbehaltungs- oder Leistungsverweigerungsrechts – vornehmen dürfe. Dieser Eindruck wird durch die Verwendung der Worte "weist an, auszuzahlen" verstärkt, da sich die gesamte Klausel aufgrund dieser unbedingten Formulierung aus Sicht des Vertragspartners der Beklagten als bindende Regelung darstellt. Infolge der Vermittlung dieser Fehlvorstellung ist die Klausel geeignet, den Vertragspartner davon abzuhalten, tatsächlich bestehende (Zurückbehaltungs-, Leistungsverweigerungs- oder sonstige) Rechte, die ihn bzw. die Dienststelle oder den Arbeitsgeber zum Abzug berechtigen würden, auszuüben. Sie begründet daher eine mit Treu und Glauben nicht vereinbare unangemessene Benachteiligung.“

Klausel Nr. 2
"Der Absender ist verpflichtet, bewegliche oder elektronische Teile an hochempfindlichen Geräten wie z.B. Waschmaschinen, Plattenspielern, Fernseh-,Radio- und HiFi-Geräten, EDV-Anlagen fachgerecht für den Transport sichern zu lassen."

LG Stuttgart:
Die Klausel ist gleichwohl gem. § 307 Abs. 1 BGB unwirksam, weil sie nicht bestimmt genug ist.

Das Transparenzgebot schließt das Bestimmtheitsgebot ein. Dieses verlangt, dass die tatbestandlichen Voraussetzungen und Rechtsfolgen so genau beschrieben werden, dass für den Verwender keine ungerechtfertigten Beurteilungsspielräume entstehen (BGH, Urteil vom 19.05.2016 – III ZR 274/15, Rn. 26, juris). Vorliegend ist es dem Vertragspartner der Beklagten jedoch nicht möglich, seine Rechte und insbesondere Pflichten dem Vertragstext mit genügender Bestimmtheit zu entnehmen.

Zum einen bedingt die Klausel (2) § 451a Abs. 2 HGB lediglich teilweise ab, und zwar hinsichtlich "bewegliche[r] oder elektronische[r] Teile an hochempfindlichen Geräten". Angesichts der lediglich beispielhaften Nennung einiger Geräte und der Tatsache, dass auch lediglich Geräte benannt werden und nicht etwa deren zu sichernde bewegliche und/oder elektronische Teile, ist der genaue Umfang der Abbedingung und damit auch der Sicherungspflicht des Vertragspartners der Beklagten unklar.

Zum anderen ist unklar, was genau mit der Pflicht des Vertragspartners der Beklagten gemeint ist, die Geräteteile "fachgerecht … sichern zu lassen".

Klausel Nr. 3
„Zur Überprüfung der fachgerechten Transportsicherung ist der Möbelspediteur nicht verpflichtet.“

LG Stuttgart:
„Die Klausel … ist gem. § 307 Abs. 1 S. 1 BGB unwirksam.

„Die Klausel … ist ebenfalls unwirksam, sofern sie sich auf Klausel (2) bezieht. Sofern sie sich auch auf von dieser Klausel nicht erfasste, vom Möbelspediteur vorzunehmende Transportsicherungen bezieht, benachteiligt sie den Vertragspartner der Beklagten gem. § 307 Abs. 1 S. 1 BGB entgegen den Geboten von Treu und Glauben unangemessen, da nicht ersichtlich ist, warum der Möbelspediteur von einer Überprüfungspflicht auch im Hinblick auf selbst vorgenommene Transportsicherungen freigestellt werden sollte. Darüber hinaus ist die Klausel jedenfalls auch gem. § 307 Abs. 1 BGB unwirksam, da aus ihr nicht klar hervorgeht, ob sie sich lediglich auf die Klausel (2) bezieht oder ob sie sich auch auf von dieser Klausel nicht erfasste, vom Möbelspediteur vorzunehmende Transportsicherungen bezieht.“

Klausel Nr. 4
„Bei Abholung des Umzugsgutes ist der Absender verpflichtet nachzuprüfen, dass kein Gegenstand irrtümlich mitgenommen oder stehengelassen wird.“

LG Stuttgart:
„Die Klausel … ist gem. § 307 Abs. 1 BGB unwirksam.

a) § 309 Nr. 7 b) BGB gilt hingegen – entgegen der Ansicht der Klägerin – nicht für Klauseln wie die vorliegende, die eine über die gesetzliche Haftung hinausgehende Haftung des Vertragspartners des Verwenders begründen (MüKo BGB/Wurmnest, § 309 Nr. 7 Rn. 11; BeckOGK/Weiler, § 309 Nr. 7 BGB, Rn. 58).
b) Allerdings stellt die Klausel eine unangemessene Benachteiligung des Vertragspartners der Beklagten gem. § 307 Abs. 1 S. 1 BGB dar, da sie im Ergebnis dem Vertragspartner der Beklagten im (freilich abstrakten) Extremfall, dass Mitarbeiter der Beklagten Gegenstände oder Einrichtung absichtlich mitgenommen oder stehen gelassen haben, eine unbillige Beweislast auferlegt. Denn die Klausel begründet zwar zunächst nur ein Mitverschulden des Vertragspartners der Beklagten gem. § 254 Abs. 1 BGB für die Fälle, in denen Gegenstände oder Einrichtung irrtümlich mitgenommen oder stehen gelassen werden (vgl. Koller, Transportrecht, Teil A., 4. Abschnitt, 2. Unterabschnitt, 9. Nachprüfung durch den Absender, Rn. 1). Dies führt aber faktisch in Fällen, in denen Gegenstände oder Einrichtung mitgenommen oder stehen gelassen werden, zu einer Beweislast des Vertragspartners der Beklagten hinsichtlich der Tatsache, dass dies nicht irrtümlich erfolgt und die Klausel mithin nicht anwendbar ist.

Klausel Nr. 5
„Der Rechnungsbetrag ist, sofern vertraglich nicht anderes vereinbart wurde, bei Inlandstransporten vor Beendigung der Ablieferung, bei Auslandstransporten vor Beginn der Verladung fällig und in bar oder durch vorherige Überweisung auf das Geschäftskonto des Möbelspediteurs zu bezahlen.“

LG Stuttgart:
„Die Klausel … ist gem. § 307 Abs. 1 BGB unwirksam.

a) Die Klausel begründet für Inlandstransporte in Abweichung von §§ 451, 420 Abs. 1 S. 1 HGB eine Vorleistungspflicht des Vertragspartners der Beklagten, die nicht durch einen sachlichen Grund gerechtfertigt ist.

aa) Eine Vorleistungspflicht in Allgemeinen Geschäftsbedingungen kann nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs wirksam vereinbart werden, wenn sie durch einen sachlichen Grund gerechtfertigt ist, der auch bei Abwägung mit den hierdurch für den Vertragspartner entstehenden Nachteilen Bestand hat (BGH, Urteil vom 25.07.2017 – X ZR 71/16, Rn. 6, juris).
bb) Vorliegend ist im Hinblick auf Inlandstransporte kein solcher Grund ersichtlich. Vielmehr steht der Beklagten gem. §§ 451, 440 Abs. 3 HGB ein Frachtführerpfandrecht zu, das auch noch zum Zeitpunkt der gesetzlichen Fälligkeitsregelung Bestand hat, sodass die Entgeltforderung der Beklagten ausreichend abgesichert ist, auch wenn die gerichtliche Geltendmachung nach Ansicht der Beklagten einen großen Aufwand verursachen mag.

b) Darüber hinaus steht die Klausel in Widerspruch zu der Klausel (5)… was eine entgegen den Geboten von Treu und Glauben unangemessene Benachteiligung darstellt (s. o. unter I.1.c)).“

Klausel Nr. 6
„(1) Der Möbelspediteur ist von seiner Haftung befreit, soweit der Verlust oder die Beschädigung auf eine der folgenden Gefahren zurückzuführen ist…

2. ungenügende Verpackung oder Kennzeichnung durch den Absender“

LG Stuttgart:
„Die Klausel … ist gem. § 307 Abs. 1 BGB intransparent und damit unwirksam, da § 451a Abs. 2 HGB nicht vollständig abbedungen und dem Vertragspartner der Beklagten in deren AGB an keiner Stelle eine (umfassende) Verpackungs- oder Kennzeichnungspflicht auferlegt wird, die Klausel aber den unzutreffenden Eindruck erweckt, der Vertragspartner der Beklagten sei zur Verpackung und Kennzeichnung verpflichtet.“

Klausel Nr. 7
„(1) Der Möbelspediteur ist von seiner Haftung befreit, soweit der Verlust oder die Beschädigung auf eine der folgenden Gefahren zurückzuführen ist…

3. Behandeln, Verladen oder Entladen des Gutes durch den Absender“

LG Stuttgart:
„Die Klausel … ist aus denselben Gründen gem. § 307 Abs. 1 BGB unwirksam. Denn die in der Klausel wiedergegebene gesetzliche Regelung des § 451d Abs. 1 Nr. 3 HGB greift nur ein, wenn der Absender zur Verpackung etc. verpflichtet war (Baumbach/Hopt/Merkt, § 451d HGB, Rn. 1). Dies ist vorliegend jedenfalls nicht umfassend der Fall, weshalb auch die Klausel (7) intransparent ist.“

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